Der Stoff der Gerechtigkeit: Die Bedeutung von Kleidung im besetzten Nachkriegsdeutschland
Konrad-Adenauer-Lecture von Prof. Carruthers


Welche Bedeutung hatten Kleidung und Textilien nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs? Und wie sind sie mit Fragen von Gerechtigkeit, Würde und Wiederaufbau in Nachkriegsdeutschland verknüpft? In ihrer Konrad-Adenauer-Lecture untersucht Professorin Susan Carruthers (University of Warwick), wie Kleidungsstücke, Schuhe und Stoffe das Leben in der Nachkriegszeit prägten – nicht nur materiell, sondern auch politisch und symbolisch.

Footnotes
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Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zeichnete sich eine weltweite ‚Textilnot‘ ab – nach Jahren, in denen die Produktionskapazitäten in allen kriegführenden Staaten vorrangig militärischen Zwecken gedient hatten. Der Mangel an Kleidung und Schuhen wurde zu einer drängenden Herausforderung. Der amerikanische Präsident Harry Truman warnte im August 1945: „Ohne ausreichende Kleidung und andere lebensnotwendige Dinge, um die Kriegsopfer auf dem langen Weg der Genesung zu unterstützen, kann es keinen Frieden geben.“

Kleidung wurde zur Währung und markierte Machtverhältnisse. Ob auf den Straßen zerstörter Städte, in Flüchtlingslagern oder auf der Anklagebank der Nürnberger Prozesse – Stoffe, Textilien und Schuhe sagen viel aus über die soziale Ordnung, Umbrüche und Neuanfänge jener Jahre. In ihrer Konrad-Adenauer-Lecture am Cologne Center for Advanced Studies in International History and Law (CHL) beleuchtet Professorin Susan L. Carruthers die zentrale Bedeutung von Stoff – als Metapher, Symbol und materielle Realität – für den Wiederaufbau von Beziehungen im Nachkriegsdeutschland: zwischen den Alliierten und der deutschen Zivilbevölkerung, unter Geflüchteten und Lagerüberlebenden sowie in der symbolischen Politik der Nachkriegsjustiz. Fragen von Gerechtigkeit wurden dabei oft auf der Ebene verhandelt, wer was trug – und wer auf wessen Kosten bekleidet war. In der Lecture bündelt Prof. Carruthers zentrale Erkenntnisse aus ihrem neuen Buch Making Do: Britons and the Refashioning of the Postwar World (Cambridge University Press, 2025) sowie aus ihrer früheren Veröffentlichung The Good Occupation: American Soldiers and the Hazards of Peace (Harvard University Press, 2016).

Der Vortrag fand im Rahmen der Konrad-Adenauer-Vorlesungsreihe am CHL statt. Als zentrale Forschungseinrichtung an der Universität zu Köln, die von der Alfred Landecker Foundation gefördert wird, stärkt das CHL die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Völkerrecht und Geschichte. Im Rahmen der Vortragsreihe werden führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kritische Fragen zu Demokratie, Menschenrechten und Global Governance erörtern und die Schnittstellen zwischen diesen Bereichen näher beleuchten. Die Eröffnungsvorlesung hielt Prof. Andrew Thompson (Oxford).

Sehen Sie sich den vollständigen Vortrag von Prof. Carruthers hier an.

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